Transformation zum BIM-Champion
Author
Hermann Tecklenburg
Geschäftsführender Gesellschafter, Tecklenburg GmbH
Dieser Artikel gehört zur Collection OPEN BIM
Zur ThemenseiteDie Vorteile von Building Information Modeling für die Baubranche sind hinreichend bekannt. Etliche Bauunternehmen scheuen jedoch den Schritt, BIM umfassend einzuführen, weil es letztlich alle Prozesse im eigenen Unternehmen betrifft und eine große Transformation bedeutet. Dabei ist jetzt der richtige Zeitpunkt, auf eine solche Transformation zu bauen: Der Boom der Baubranche der letzten Jahre ist vorbei, die öffentliche Hand verlangt zwingend BIM bei der Vergabe großer Aufträge und der Kostendruck wird weiter steigen. Wer BIM beherrscht, kommt daher leichter an begehrte Aufträge, kann diese schneller erledigen und eher Gewinne erwirtschaften.
Tecklenburgs radikaler Schritt
Das 1878 gegründete Bauunternehmen Tecklenburg hat die Transformation gewagt. Die Tecklenburg-Unternehmensgruppe tritt bei Bauvorhaben als Investor, Projektentwickler und Generalunternehmer auf. Neben Geschäftsführer Hermann Tecklenburg gehört auch die aktuelle Bundestrainerin der Frauenfußball-Nationalmannschaft Martina Voss-Tecklenburg zum Gesellschafterkreis der Tecklenburg Unternehmensgruppe.
Obwohl das Unternehmen noch keine BIM-Erfahrung hatte, wollte es unbedingt den Zuschlag für den Bau der Kreispolizeibehörde des Rhein-Erft-Kreises in Bergheim erhalten. Zu den Ausschreibungsbedingungen gehörte allerdings zwingend der Einsatz von BIM für das gesamte Bauvorhaben. Aus diesem Grund beschloss die Geschäftsführung, die nötige Expertise aufzubauen und die Transformation hin zur modellbasierten Planung anzustoßen.
Erfolgsfaktoren für die BIM-Einführung
Die größte Herausforderung für die Einführung war, die insgesamt 140 Mitarbeiter*innen aus 20 Nationen mitzunehmen und zu motivieren, sich auf die Neuerungen einzulassen.
Als erstes entwickelte die Geschäftsführung mit allen Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleitern in einem Lenkungskreis ein Key-User-Konzept. Diese beinhaltete, dass in jeder Abteilung unterhalb der Leitung ein*e Mitarbeiter*in als BIM-Verantwortliche*r benannt wird, der oder die für die Implementierung von BIM zuständig ist.
Im zweiten Schritt erarbeitete der Lenkungskreis eine Strategie. Dazu gehörte die Festlegung bestimmter Softwarelösungen und Schnittstellendefinitionen. Die Key User durchliefen dann jeweils eine intensive BIM-Schulung, bevor sie in ihren Abteilungen die Implementierung vorantrieben. Es wurde außerdem festgelegt, wer welche Aufgaben, Kompetenzen und Verantwortlichkeiten übernimmt, Ergebnisse vorlegt und sich freigeben lässt.
Für die Projektsteuerung der BIM-Einführung gab es eine eigene BIM-Abteilung. Dazu gehörten Projektmanager*innen als Steuerungsinstanz, ein Vorstand zur strategischen Unternehmensentwicklung (der unter anderem festlegte, welche Abteilung wann und wie transformiert wird), Qualitätsmanagement, eine kaufmännische Projektcontrollerin, ein BIM-Architekt, Konstrukteur*innen und Statiker*innen sowie ein Bauleiter.
Trotz des umsichtigen und strukturell konsistenten Ansatzes zur Einführung von BIM gab es auch Widerstände in der Belegschaft zu überwinden. Aber die Vorteile überwiegten: Die Arbeit der Abteilungen ist durch BIM wesentlich transparenter geworden und deutlich stärker verzahnt. Es ist nicht mehr so, dass ein*e Architekt*in seine oder ihre Pläne macht, dann weitergibt und danach nicht mehr involviert ist. Jetzt kann er oder sie später sehen, was die Kalkulation des Projektes ergeben hat, und welche Änderungen notwendig sind.
Vorteile für das Bauunternehmen
Für Tecklenburg hat sich der Schritt gelohnt: 60 Prozent der gesamten Planung für die neue Kreispolizeibehörde des Rhein-Erft-Kreises konnte mit Allplan erledigt werden, Kosten und Zeitaufwand wurden damit signifikant gesenkt. BIM kam in allen Projektabschnitten zum Einsatz: Architektur, Bauphysik, Tragwerksplanung, Fertigteilwerke, Gebäudetechnik, Kalkulation, Bauausführung und Facility Management.
Für die Mängelermittlung, Kompatibilitätsprüfung und Kollisionserkennung setzt Tecklenburg auf Solibri. Diese Qualitätssicherungsmaßnahmen führten zu einer deutlichen Kostenersparnis, weil sie Nachträge, Bauzeitverzögerungen und unnötige Ressourcenverbräuche vermied. So konnte Tecklenburg schon in der Planungsphase 7.800 Kollisionen finden und lösen ‒ bevor sie zu kostspieligen Verzögerungen auf der Baustelle führten.
„Dank des strategisch und konzeptionell ausgereiften Vorgehens und des Einsatzes der professionellen BIM-Tools von Nemetschek konnten wir das neu erstellte Gebäude pünktlich an die Kreispolizeibehörde übergeben. Sehr geschätzt hat unser Auftraggeber, dass er zu jeder Zeit transparent über den Stand und die nächsten Schritte informiert war“, fasst BIM-Manager Manjunath Ambli-Suresh von Tecklenburg das Projekt zusammen.