Der Aufbau eines Construction-Tech-Unternehmens ist mit zahlreichen Herausforderungen verbunden – doch diese unterscheiden sich in Europa und den USA teils erheblich. In diesem offenen Einblick in beide Märkte erklärt Kewazo-CEO und Mitgründer Artem Kuchukov, warum Innovationen in den USA oft schneller skalieren – und was Start-ups tun können, um diesseits und jenseits des Atlantiks erfolgreich zu sein.
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Construction Tech im Vergleich: Was Startups in Europa und den USA erwartet

Der CEO und Co-Founder von KEWAZO berichtet über die Herausforderungen und Chancen in beiden Märkten und erklärt, welche Strategien Startups für nachhaltigen Erfolg nutzen können.

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Artem Kuchukov

Co-Founder & CEO KEWAZO

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Construction Tech im Vergleich: Was Startups in Europa und den USA erwartet

Dieser Artikel gehört zur Collection Innovation.

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Die Skalierung eines Unternehmens im Bereich Construction Tech ist nie einfach – doch die Hürden unterscheiden sich je nach Region erheblich. Viele Gründer erleben, dass neue Technologien in Europa langsamer eingeführt werden als in den USA, wo Innovationen oft deutlich schneller voranschreiten. Diese Unterschiede können frustrierend sein und werfen die Frage auf, ob Europa dadurch im Nachteil ist.

Bei KEWAZO haben wir hautnah erlebt, wie unterschiedlich der Skalierungsprozess in Europa und den USA abläuft. Der Schlüssel liegt nicht nur darin, diese Unterschiede zu verstehen, sondern sie gezielt zu nutzen – und die Stärken beider Märkte für langfristigen Erfolg zu vereinen.

Mehr Tempo, mehr Risiko: Wie der Unternehmergeist in den USA den Markt antreibt

In den USA ist Unternehmertum tief in der Kultur verankert. Gründer*innen gelten als treibende Kraft für Innovation und wirtschaftlichen Fortschritt, wodurch ein Umfeld entsteht, in dem neue Ideen schnell auf fruchtbaren Boden fallen. Dieser Unternehmergeist begünstigt zügige Entscheidungen und eine hohe Risikobereitschaft. Unternehmen und Investoren handeln rasch, sobald sie Potenzial erkennen – sie übernehmen neue Technologien und entwickeln sie mit beeindruckender Geschwindigkeit weiter. Durch dieses Tempo können Startups im Bereich Construction Tech sich dynamisch entfalten,... sobald sie einmal Fuß gefasst haben.

Hinzu kommt die breite Verfügbarkeit von Risikokapital, die es Startups ermöglicht, ihre Ideen zu erproben und weiterzuentwickeln, ohne sofort profitabel sein zu müssen. Auch die Investitionskultur unterscheidet sich: US-Unternehmen haben oft leichter Zugang zu Kapital und sind eher bereit, es in Innovationen zu stecken. Sobald der Mehrwert einer neuen Technologie erkennbar ist, wird schnell investiert – während europäische Unternehmen in finanziellen Entscheidungen meist vorsichtiger agieren.

Für Startups im Bereich Construction Tech bietet der US-Markt damit eine steile Wachstumskurve – allerdings mit der Notwendigkeit, sich kontinuierlich und flexibel anzupassen. Hier gilt das Prinzip: „Schnell scheitern oder schnell erfolgreich sein.“ Die Dynamik und Offenheit für neue Technologien sind vielversprechend, bergen jedoch auch Risiken. Europäische Startups können von dieser Experimentierfreude profitieren, sollten jedoch bedenken, dass Geschwindigkeit nicht immer mit langfristiger Stabilität einhergeht. 

Wachstum mit Weitblick: Europas alternative Erfolgsstrategie

Während in den USA Tempo und Agilität im Mittelpunkt stehen, setzt Europa auf einen durchdachteren Ansatz in der Innovationsentwicklung. Europa beheimatet einige der weltweit besten Ingenieur*innen, die an Universitäten und Forschungsinstituten wegweisende Bautechnologien entwickeln. Diese technologische Exzellenz sorgt dafür, dass Lösungen oft bereits stark ausgereift sind, bevor sie auf den Markt kommen.

Ein weiterer Vorteil Europas liegt in der starken Unterstützung für Startups in der Frühphase. Staatliche Fördermittel und Innovationsprogramme ermöglichen es jungen Unternehmen, ihre Produkte zu entwickeln, ohne sofort auf Risikokapital angewiesen zu sein. Dadurch entsteht weniger Druck, rasch zu wachsen, und der Fokus kann stärker auf langfristige Tragfähigkeit statt auf kurzfristige Erfolge gelegt werden.

Allerdings bringt dieses behutsame Wachstum auch Herausforderungen mit sich. Die Bauindustrie in Europa ist eher risikoavers und verlangt umfangreiche Validierungen, bevor neue Technologien übernommen werden. Zudem erschweren die Marktfragmentierung – mit unterschiedlichen Sprachen, Vorschriften und Baustandards – sowie komplexe Genehmigungsverfahren die Expansion im Vergleich zu den USA.

Doch das langsamere Tempo hat auch klare Vorteile. Europäische Startups gewinnen mehr Zeit, um ihre Technologien zu testen, zu optimieren und anzupassen, bevor sie in die breite Anwendung gehen. Statt dem „Scale or Fail“-Prinzip der USA zu folgen, können sie eine stabile Grundlage für nachhaltiges Wachstum schaffen. Wer diesen strukturierten Ansatz mit den dynamischen Erkenntnissen aus den USA kombiniert, kann Innovation und langfristigen Erfolg wirkungsvoll miteinander verbinden.

Erfolgsstrategien für europäische Construction-Tech-Gründer*innen

Was bedeutet das für europäische Startups? Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die Stärken beider Welten gezielt zu vereinen: die dynamische Mentalität der USA dort übernehmen, wo sie Vorteile bringt, und gleichzeitig die bewährten Stärken Europas nutzen. Jeder Markt bietet Chancen – entscheidend ist, den richtigen Zeitpunkt und die passende Strategie für die Expansion zu wählen.

Die US-Mentalität annehmen – wo es sinnvoll ist

Während Europa oft einen vorsichtigeren Ansatz verfolgt, kann es für Startups von Vorteil sein, den amerikanischen Fokus auf Risikobereitschaft und schnelle Iteration zu übernehmen. Startups sollten gezielt Unternehmen in der europäischen Bauindustrie ansprechen, die als Early Adopters fungieren und bereit sind, neue Lösungen auszuprobieren. Ein proaktives Vorgehen, bei dem Entscheidungsträger*innen frühzeitig eingebunden und der Mehrwert der Technologie schnell verdeutlicht wird, kann helfen, langwierige Einführungsprozesse zu verkürzen.

Europas Stärken für langfristigen Erfolg nutzen

Europas strukturierter Innovationsansatz ermöglicht es Startups, ihre Technologien gründlich zu testen und zu verfeinern, bevor sie auf den Markt kommen. Das Risiko eines vorschnellen Scheiterns wird dadurch verringert. Gründer*innen sollten staatliche Förderungen, Innovationsprogramme und Industriepartnerschaften gezielt nutzen, um eine solide Basis für ihr Unternehmen zu schaffen. Anstatt das langsamere Wachstumstempo als Nachteil zu sehen, sollten sie es als Vorteil betrachten, um widerstandsfähige und ausgereifte Produkte zu entwickeln, bevor sie in schnelllebigere Märkte eintreten.

Strategische Expansion – auch außerhalb Europas

Eine überraschende Erkenntnis: Manchmal kann der Erfolg im Ausland den Weg zur Anerkennung im Heimatmarkt ebnen. Viele europäische Startups entdecken, dass der Eintritt in einen größeren und offeneren Markt wie die USA ihnen Glaubwürdigkeit verschafft, die später auch in Europa von Nutzen ist. Dieses Phänomen, das dem Sprichwort „Der Prophet gilt nichts im eigenen Land“ entspricht, ist nicht nur in der Musik- und Modebranche bekannt, sondern auch in der Technologie.

Für europäische Startups, die mit langsamen Markteinführungen zu kämpfen haben, kann ein Markteintritt in die USA oder ein anderer internationaler Markt dazu beitragen, die notwendige Anerkennung zu erlangen und die Akzeptanz im Heimatmarkt zu beschleunigen. Dieser Ansatz ist nicht für jedes Unternehmen der richtige, aber er lohnt sich, wenn der heimische Markt mit hohen Barrieren konfrontiert ist.

Den richtigen Weg zum Wachstum finden

Ob durch die gezielte Verfeinerung von Technologien in Europa vor der Skalierung oder durch den Aufbau von internationaler Glaubwürdigkeit – es gibt keinen universellen Erfolgsweg. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, die besonderen Stärken jedes Marktes zu erkennen und strategisch kluge Entscheidungen zu treffen, die das Wachstum nachhaltig fördern.

KEWAZO, ein in München ansässiges Robotikunternehmen, nutzt KI und Robotik, um Wartungs- und Bauprozesse in der Schwerindustrie zu automatisieren. Der Fokus liegt derzeit auf der Automatisierung von Materialtransporten. Die Technologie hat sich bereits an Standorten führender Industriekonzerne wie Chevron, Dow und ExxonMobil bewährt. Seit 2023 ist die Nemetschek Group als Investor am Unternehmen beteiligt.

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