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OPEN BIM: Mehr als nur ein Tool

OPEN BIM wird in der Baubranche als „die“ Problemlösung diskutiert. Viktor Várkonyi, Vorstandsmitglied und Chief Division Officer Planning & Design Division der Nemetschek Group, sprach mit Pierre Saunal, Mitbegründer von airc.world llp, über die Philosophie hinter der Technologie und warum es bei OPEN BIM auch um Menschen geht.

Author

Pierre Saunal

Co-founder and Architect at airc.world llp and Studio Design Lead at airc.design ltd. Growing-up in Scotland and Ivory-Coast, the progression of his career gave him an open-mind which he considers essential to design meaningful places. His experience includes cultural, education, health, hospitality, industrial, mixed use, office, residential, retail, and urban design projects.

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OPEN BIM: Mehr als nur ein Tool

Dieser Artikel gehört zur Collection OPEN BIM

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Die Bauindustrie befindet sich aus vielen Gründen im Umbruch. Die digitale Landschaft und die rasante Entwicklung neuer Technologien treiben ein Umdenken in der gesamten Branche voran, sowohl bei den Prozesse als auch Herangehensweise an Projekte. Eine dieser Veränderungen ist der OPEN BIM Ansatz, der den Austausch und die Verknüpfung von Informationen in einer Weise fördert, wie es in der sehr traditionellen und fragmentierten Baubranche vorher nicht der Fall war.

Viktor Várkonyi: Pierre, wie ist airc.world llp mit OPEN BIM in Berührung gekommen?

Pierre Saunal: Als ich meinen Freund und Geschäftspartner Jamie Ingram Solis – einen der Mitbegründer von airc.world llp – kennenlernte, wollten wir beide ein Unternehmen gründen, in dem die Geschäftsführung selbst Hand anlegt, insbesondere wenn es um die Nutzung digitaler Technologien geht. Wir gründeten airc.world llp, einen in Großbritannien ansässigen Anbieter von Dienstleistungen für den Bausektor.

Für mich war die Design-Software Archicad das Werkzeug der Wahl, weil Graphisoft und die Nemetschek Group den OPEN BIM Ansatz schon lange verfolgt. Während meiner gesamten beruflichen Laufbahn führte die Arbeit mit verschiedenen Softwareprogrammen zu Komplikationen in den Arbeitsabläufen. Im Hintergrund förderten Graphisoft und Nemetschek jedoch OPEN BIM und entwickelten eine Software-Suite, die OPEN BIM unterstützen und damit arbeiten konnte.

VV: OPEN BIM gibt es schon seit einiger Zeit, aber die Pandemie hat in der AEC-Branche für einen Aufschwung bei der Digitalisierung gesorgt, den es vorher nicht gab. Würdest du sagen, dass jetzt mehr Menschen der Idee von OPEN BIM gegenüber aufgeschlossen sind?

PS: Ja, absolut. Ich glaube aber auch, dass es eine Entwicklung und nicht ein plötzlicher Boom war. Hier in Großbritannien – wo es mit der ISO 19650 quasi einen Vorläufer von OPEN BIM gab – war es ziemlich frustrierend, dass BIM Level 2 nicht so umgesetzt wurde, wie es bei öffentlichen Projekten seit 2016 vorgesehen war. Es schien eine Marktlücke zu geben, denn kleine und mittlere Unternehmen taten und tun sich immer noch schwer, BIM zu übernehmen. Für viele gilt es immer noch als zu kostspielig, dieses BIM Level mit spezieller, kostspieliger Software zu implementieren, so dass es derzeit nur für größere Projekte verwendet wird. Das ändert sich jetzt, aber nur langsam.

VV: Warum ist das deiner Meinung nach der Fall?

PS: Mir ist klar geworden, dass die größte Hürde, die wir als Branche überwinden mussten, darin besteht, dass es zwei Gruppen von Menschen zu geben scheint: die Spezialist*innen, die ein sehr tiefes Verständnis von BIM haben, und dann die Nicht-Spezialist*innen, die sich schwer tun, sowohl BIM als auch OPEN BIM anzunehmen. Wenn es um BIM geht, fühlen sich die Nicht-Spezialist*innen schnell ausgeschlossen, während diejenigen, die die Philosophie verstehen, diese Technologie schnell annehmen.

Einige sehen nicht, wie ihre Rolle in den BIM-Prozess passt –zum Beispiel Stadtplaner*innen. Sie verwenden keine Planungssoftware, so dass ihnen die Technologie unbekannt ist. Sie glauben nicht, dass sie die Interoperabilität, die OPEN BIM bietet, brauchen, weil sie am Anfang des Prozesses stehen und ihre Arbeit abgeschlossen ist, bevor der Bau beginnt. Es ist also schwierig für sie, den Wert von OPEN BIM zu erkennen.

VV: Und wie können wir diese Kluft überbrücken und alle mit auf die Reise zu OPEN BIM nehmen?

PS: Ich glaube, dass die Herausforderungen möglicherweise nicht dort liegen, wo wir sie vermuten. Es geht nicht nur um eine Denkweise – obwohl die natürlich auch wichtig ist –, sondern darum, den Wert von OPEN BIM aufzuzeigen. Wenn wir uns eine IFC-Datei wie eine PDF-Datei vorstellen – ein gemeinsames Format, das jeder öffnen kann, unabhängig davon, welches Programm die PDF-Datei erstellt hat –, dann ist der Mehrwert von OPEN BIM leichter zu verstehen. Und wenn man den gesamten Prozess betrachtet, hilft OPEN BIM bei der Daten- und Dateiverwaltung, so dass jede*r Externe die Dateien einsehen kann und genau weiß, worum es sich handelt, wer sie erstellt hat und worauf welche Entscheidungen beruhen. Dann geht es bei OPEN BIM um Zusammenarbeit und Menschen – nicht nur um Interoperabilität oder technische Aspekte.

VV: Der Gedanke, dass es bei OPEN BIM um Menschen geht, ist eine sehr treffende Beschreibung. Wenn es für jeden einfacher ist, zu kommunizieren und Ideen auszutauschen, dann profitiert das gesamte Projekt – würdest du dem zustimmen?

PS: Auf jeden Fall. Wir glauben, dass der Mensch im Mittelpunkt von OPEN BIM steht. Denn man kann die besten Werkzeuge und kompatible Dateiformate haben, aber ohne eine kollaborative Denkweise wird es nicht funktionieren.

Die Idee, dass es bei OPEN BIM um Menschen geht, ist mit am schwierigsten zu erklären. Viele Unternehmen sehen BIM und sogar 3D-Modellierung immer noch als ein interessantes Werkzeug und sind erst dann von den Vorteilen von OPEN BIM überzeugt, wenn sie ein Problem haben. Aber wir sollten uns auf die Grundlagen konzentrieren – wie die PDF-Analogie –, wie wir zusammenarbeiten. Alle BIM-Werkzeuge helfen bei Aspekten wie der Terminplanung, den Finanzen, dem Projektmanagement und sogar dem Betrieb des Gebäudes – aber OPEN BIM verbindet sie miteinander.

VV: Pierre, ich danke dir für diesen interessanten Einblick in OPEN BIM.

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