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Grünere Gebäude - Dank mehr Digitalisierung

Die Klimakrise trifft die Bauindustrie – einen der größten Verursacher von CO2-Emissionen – und sie muss Wege zur Verringerung ihres Kohlenstoffdioxidausstoßes finden. Der gebundene Kohlenstoff spielt eine wichtige Rolle bei der Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden.

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Luka Stefanovic

works as a senior architecture industry specialist at Vectorworks. His experience in international projects and his longstanding passion for sustainable architecture have led him to create a calculator for the assessment of carbon emissions directly from a BIM model.

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Grünere Gebäude - Dank mehr Digitalisierung

Dieser Artikel gehört zur Collection Nachhaltigkeit

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Die Klimakrise trifft die Bauindustrie – einen der größten Verursacher von CO2-Emissionen – und sie muss Wege zur Verringerung ihres Kohlenstoffdioxidausstoßes finden. Während die betriebsbedingten CO2-Emissionen häufig im Zentrum der Klimadebatte stehen, muss auch der gebundene Kohlenstoff („Embodied Carbon“) berücksichtigt werden, um die gesamte Lebenszyklusbewertung zu vervollständigen. Technologie – und insbesondere Softwarelösungen – können eine Rolle dabei spielen, Designer*innen die Integration nachhaltiger Praktiken in ihre Arbeit zu erleichtern, was zu einer höheren Akzeptanz und zu politischen Veränderungen führen kann. Neue digitale Lösungen, die eine schnelle und einfache Bewertung des embodied carbon ermöglichen, bieten einen größeren Anreiz, diese Emissionen zu berücksichtigen.

Was ist Embodied Carbon?

Gebäude tragen auf zweierlei Weise zu den Kohlenstoffemissionen bei: durch den täglichen Energieverbrauch im Betrieb und durch den gebundenen Kohlenstoff aus Baumaterialien. Dieser umfasst Emissionen, die mit Materialien und Bauprozessen während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes oder einer Infrastruktur verbunden sind, von der Rohstoffgewinnung bis zu jeder Projektphase. Der Betrieb ist nur eine Phase, und der gebundene Kohlenstoff wird als ein fehlendes Puzzleteil für das nachhaltige Gesamtbild eines Gebäudes angesehen. Die Bauindustrie konzentriert sich schon seit einiger Zeit auf die Reduzierung der betriebsbedingten CO2-Emissionen, hat aber erst vor kurzem begonnen, sich mit dem gebundenen Kohlenstoff zu befassen. Gebundener Kohlenstoff macht 11% der weltweiten Emissionen aus, wurde aber bisher weitgehend nicht beachtet. In dem Maße, wie die betriebsbedingten Emissionen reduziert werden, wird die Bedeutung des embodied carbon zunehmen, es sei denn, es gibt ein größeres Bewusstsein und größere Anstrengungen, ihn zu reduzieren.

Regeln und Normen rund um den Embodied Carbon

Die Europäische Norm EN 15978 definiert die Lebenszyklusphasen eines Projekts für die Ökobilanzierung (LCA). Diese Phasen umfassen die Planungsphasen eines Projekts, in denen Materialien und Produkte ausgewählt, quantifiziert, beschafft und hergestellt werden, den Transport zum Standort, die Bauphase, die Betriebsphase, einschließlich Reparatur, Sanierung, Ersatz, Betriebsenergie- und Wasserverbrauch, und das Lebensende, einschließlich Abriss, Abfallverarbeitung und Entsorgung.

Die meisten Arbeiten zur Verringerung des CO2-Fußabdrucks konzentrieren sich auf die späteren Phasen des Projektlebenszyklus – ab der Transportphase. Beim gebundenen Kohlenstoff geht es jedoch um die Verringerung der Emissionen in den frühesten Phasen eines Projekts, z. B. des CO2, der bei der Gewinnung eines Materials (z. B. Zusatzstoffe) oder bei der Herstellung eines Produkts (z. B. Betonfertigteile) entsteht.

Workflows gestalten

Die Berechnung von embodied carbon ist einfach, hängt jedoch stark von der genauen Eingabe ab. Für die Analyse werden Materialeigenschaften - einschließlich Dichte und Embodied-Carbon-Faktor - sowie die Menge benötigt. Umweltproduktdeklarationen (EPDs) liefern diese Informationen für bestimmte Produkte, während Datenbibliotheken allgemeine Materialparameter auf der Grundlage statistischer Durchschnittswerte für verschiedene Märkte anbieten. Daher sind die verwendeten Mengen die unbekannte Variable, die für Designer*innen die größte Herausforderung darstellt.

Zur Durchführung grundlegender Berechnungen des CO2-Fußabdrucks haben viele Unternehmen manuell Microsoft Excel-Arbeitsblätter erstellt oder Tools verwendet, die eine manuelle Eingabe der Materialmengen erfordern. Diese Eingaben bedeuten jedoch bei der hohen Anzahl an Materialien einen zeitaufwändigen manueller Prozess, der bei jeder Projektänderung wiederholt werden muss, was einen hohen Aufwand bedeutet. Die Mengenberechnungen gegen Ende der Entwurfsphase durchzuführen, ist am genauesten, da die Mengen, die verwendet werden, sicherer sind, aber es reduziert die Zeit für die Umsetzung von Änderungen. Werden herkömmliche 2D-Pläne verwendet, ist für eine genaue Mengenermittlung ein manueller Ansatz erforderlich, was die Effizienz verringert. Die Anwesenheit eines Quantity Surveyors (QS) im Projekt kann Vorteile bieten, aber seine Beteiligung ist auf einen festen Entwurf beschränkt.

Andererseits bietet ein funktionierender Building Information Modeling-Prozess (BIM) ein größeres Zeitfenster, in dem Änderungen einfacher und kostengünstiger vorgenommen werden können, und ermöglicht eine rationellere Vorgehensweise durch Abfrage des Modells nach Materialmengen. In diesem Fall kann die Technologie helfen, indem sie den Aufwand für die Mengenberechnung verringert und die Genauigkeit der Daten verbessert.

Die Rolle von Technologie

Viele Unternehmen könnten mehr für die Bewertung des Kohlenstoffausstoßes tun, aber ihre hohe Arbeitsbelastung hält sie davon ab, das notwendige Wissen, die Zeit und den Aufwand dafür aufzubringen. Der manuelle Bewertungsprozess ist von ihrem Hauptaugenmerk auf den Entwurf eines Gebäudes getrennt. Technologie kann den Zeitaufwand reduzieren, die Wissensbarriere senken und den Unternehmen durch automatisierte Tools, die ihren Arbeitsablauf ergänzen, frühzeitige Einblicke und Handlungsmöglichkeiten bieten.

Vectorworks, als Anbieter von BIM-Software und Teil der Planning & Design Division der Nemetschek Group, sah die perfekte Gelegenheit, diesen Bedarf zu decken und ein Tool zu entwickeln, das den Vorteil als vertraute Softwarelösung nutzt, die sich in bestehende Planungsabläufe integrieren lässt. Sie entwickelten den „Vectorworks Embodied Carbon Calculator“ (VECC), ein Werkzeug für BIM-Software-Anwendende, mit dem sie die CO2-Emissionen ihrer Projekte bewerten können. Es wurde seit seiner Veröffentlichung vor einem Jahr mehrfach überarbeitet und wird hauptsächlich von Architekt*innen verwendet, wobei das Interesse von Landschaftsarchitekt*innen und Fachleuten aus der Unterhaltungsindustrie wächst.

Architekturbüros, die den VECC für Kohlenstoffbewertungen nutzen, haben festgestellt, dass der Prozess seit seiner Veröffentlichung erheblich automatisiert wurde und sie dadurch in die Lage versetzt werden, eine Dienstleistung anzubieten, für die zuvor Ressourcen wie Zeit, Geld und Arbeitskräfte fehlen. Das Feedback von qualifizierten Anwendenden, die sich für nachhaltige Design-Workflows interessieren, ist positiv, da die Bewertungen des CO2-Ausstoßes effizient durchgeführt werden können. Auch wenn noch mehr Sensibilisierung, Schulung, Wissensaufbau und Anreize erforderlich sind, findet ein Wandel statt.

Ein wichtiger Schritt zur Nachhaltigkeit einer ganzen Industrie

Die Technologie muss sich an die Arbeitsweise der Architekt*innen anpassen und ein Gleichgewicht finden, um ein erfolgreiches Werkzeug zu schaffen, das sich nahtlos in die bestehenden Arbeitsabläufe einfügt, ohne eine radikale Veränderung darzustellen. Ein Verständnis für die Zukunft der Bauindustrie ist notwendig, um Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, die das Bestreben der Branche nach Reduzierung der CO2-Emissionen unterstützen, wobei Kohlenstoffbewertungen eine wichtige Rolle spielen. Es gibt zwar noch viel zu tun, aber Technologien wie das VECC-Tool sind der erste Schritt auf dieser unglaublich wichtigen Reise.

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